Ich erlaube mir noch einige Bemerkungen zur Aufsicht über die Bezirksbehörden. Die Vorfälle um das Statthalteramt Dietikon sind uns allen bestens bekannt. Wie auch immer sie im Detail gedeutet werden, sie haben eines deutlich gemacht: Es besteht Handlungsbedarf bei den Bezirksbehörden.

Wir müssen dabei auch ganz klar festhalten: Der Fall Statthalteramt Dietikon ist nicht der alleinige Grund für diesen Handlungsbedarf, er ist vielmehr der Anlass, nun tätig zu werden.

Wenn wir die Zuständigkeiten der Statthalterämter und Bezirksräte betrachten, dann stellen wir fest, dass es sich um eigentliche Gemischtwarenläden handelt. Von polizeilichen Tätigkeiten und Tätigkeiten in der Strafrechtspflege, über Aufsichtstätigkeiten bei Gemeinden, Zweckverbänden und Stiftungen bis hin zu richterlichen Funktionen als Rekursinstanzen der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörden ist eine riesige Bandbreite vorhanden mit jeweils ganz anderen Anforderungen und Schwerpunkten. Diese in den vergangenen Jahren gewachsenen Zuständigkeiten birgen Spannungspotential.

Als wäre dies nicht schon kompliziert genug, kommt noch das Wahlverfahren dazu. Die Statthalter und die Bezirksräte werden vom Volk gewählt und verfügen über eine direktdemokratische Legitimation. Gleichzeitig unterstehen sie jedoch dem kantonalen Personalrecht. Daraus ergibt sich ein weiteres Spannungspotential.

Dass die Bezirke über keine eigene Rechtspersönlichkeit verfügen und keine eigenständigen Gebietskörperschaften bilden, ist juristisch unbestritten und wurde auch anlässlich der Erarbeitung der aktuellen Kantonsverfassung so bestätigt. Die Bezirksverwaltungen sind formal Teil der dezentralen Kantonsverwaltung. Gleichwohl weisen die Bezirke eine historische und realpolitische Bedeutung auf und die Bezirksbehörden geniessen da und dort einen magistratsähnlichen Status. Daraus ergibt sich ein weiteres Spannungspotential.

Sie sehen: Rund um die Bezirksbehörden besteht erhebliches Spannungspotential. In vielen Fällen entlädt sich dieses nicht oder noch nicht, im Fall Dietikon hat es sich jedoch entladen.

Die Schlussfolgerung des Regierungsrats, dass die Aufsicht über die Bezirksbehörden neu beziehungsweise überhaupt geregelt werden muss, ist sicherlich richtig. Es gilt dabei das Motto: Wer beaufsichtigt, muss selber auch beaufsichtigt werden. Das müssen die Bezirksbehörden akzeptieren.

Mit einer reinen Regelung der Aufsicht und der Klärung von juristischen Fragen ist das Thema aber nicht erledigt. Was es darüber hinaus unbedingt braucht, ist eine politische Debatte über den Sinn und Zweck und die Stellung der Bezirksbehörden.

Dabei müssen die grundlegenden Fragen diskutiert werden: Ist das bestehende Modell zukunftsfähig? Welche Aufgaben sollen auf Bezirksebene erledigt werden? Wer hat welche Zuständigkeiten? Sollen die Bezirksbehörden weiterhin vom Volk gewählt werden oder sollen sie angestellt werden?

Ich lade den Regierungsrat ein, diese politische Debatte zu lancieren. Denn wir alle wissen: Früher oder später braucht es die Klärung dieser Grundsatzfragen. Und früher ist immer besser als später.


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